Diese Dinge gilt es in der Außenwirkung zu vermeiden!
Nachhaltigkeit ist heutzutage allgegenwärtig. Auch im Unternehmenskontext: Wir sind längst in einem Zeitalter angekommen, in dem ökologische und soziale Faktoren die Nachfrage von Produkten, die Attraktivität von Arbeitgebern sowie die Konditionen bei Fremdfinanzierung beeinflussen. Hinzukommen zahlreiche Gesetzgebungen der EU und das übergeordnete Ziel, bis 2050 der erste CO2-neutrale Kontinent zu werden. In gewisser Weise ist es also nachvollziehbar, welche Motivation dem Handeln jener Unternehmen zugrunde liegt, die sich unberechtigterweise in ein „grünes“ Licht rücken möchten. Dass dieser Ansatz jedoch zu keinem langfristigen Erfolg führt, zeigen uns diverse Nachhaltigkeitsskandale in der jüngsten Vergangenheit. Ausgelöst durch die Diskrepanz der Kommunikation und des tatsächlichen Handelns, folgen darauf Klagen von Verbraucherschutzinstitutionen, Reputationsverluste sowie Umsatzeinbußen. Es gilt also Anti-Greenwashing-Aspekte in das interne Risikomanagement zu integrieren und die Verantwortlichen aufzuklären. Dazu muss man zunächst einen einheitlichen Wissensstand hinsichtlich der Definition und der Formen von Greenwashing schaffen.
Greenwashing Definition
Es existieren verschiedene Definitionen für diesen Begriff, die sich hinsichtlich ihrer Tiefe deutlich unterscheiden. Die Begriffserklärung des Gabler Wirtschaftslexikon ist einfach und dennoch umfassend genug, um das Grundprinzip dahinter zu verstehen: Greenwashing “bezeichnet den Versuch von Organisationen, durch Kommunikation, Marketing und Einzelmaßnahmen ein „grünes Image“ zu erlangen, ohne entsprechende Maßnahmen im operativen Geschäft systematisch verankert zu haben. Bezog sich der Begriff ursprünglich auf eine suggerierte Umweltfreundlichkeit, findet dieser mittlerweile auch für suggerierte Unternehmensverantwortung Verwendung.”
Somit fallen darunter alle außenwirksamen Maßnahmen im Zusammenhang mit sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit, die ein falsches Bild über die tatsächliche Geschäftstätigkeit erzeugen. An dieser Stelle ist das Stichwort „Kerngeschäft“ wichtig zu ergänzen. Denn darüber, dass die Anschuldigungen jedenfalls gerechtfertigt sind, wenn Unternehmen Claims zu Nachhaltigkeitsbemühungen außerhalb ihres Hauptgeschäfts tätigen, herrscht wissenschaftlicher Konsens.
Formen von Greenwashing
Unserer Erfahrung nach werden Teile der Praktiken häufig mit guten Absichten in die Stakeholder-Kommunikation mit aufgenommen. Umso wichtiger ist es, ein Bewusstsein über die verschiedenen Variationen bei den Verantwortlichen zu schaffen und somit Risikoquellen zu vermeiden. Im Fachjargon existiert eine Vielzahl an Greenwashing Formen und Begriffen, die mit diesem Phänomen in Verbindung stehen:
Häufig entsteht die Täuschung durch den gezielt offenen Einsatz unserer Sprache: Unternehmen verwenden unklare Begriffe, tätigen mehrdeutige oder beschönigende Aussagen und übertreiben in ihrer Bildsprache. Doch diese „Tricks“ enden nicht auf Unternehmensebene. In manchen Fällen versuchen sich ganze Branchen durch Reframing umweltfreundlicher darzustellen. Der Begriff „Atomenergie“ transformierte nicht ohne Fremdverschulden zum Terminus „Kernenergie“.
Daneben sind auch irreführende Kommunikationsinhalte Teil von Greenwashing. Ein Paradebeispiel sind Leuchtturmprojekte, bei denen nur einzelne Projekte oder Produktlinien besonders beworben werden, um das gesamte Unternehmen nachhaltiger darzustellen. Außerdem werden in der PR- und Marketingpraxis manchmal Produktmerkmale beworben, die ohnehin gesetzlich geregelt sind oder in der Branche als normal gelten, wenn sie bei Konsument:innen ein positives Bild erzeugen könnten. Einen Schritt weiter geht der Einsatz von leeren Versprechen und falschen Aussagen, bei denen Unternehmen ihre Stakeholder eindeutig täuschen.
Irreführung ist aber auch mithilfe von Dritten möglich: Denn Zertifizierungen und Nachhaltigkeitspreise sind nicht immer glaubwürdig. In diesem Kontext gilt es zu prüfen, ob die Anforderungen für die Vergabe und die laufenden Kontrollmechanismen adäquat gewählt sind, damit diese qualitative Aussagen liefern können. Abhilfe bietet hier unter anderem Greenpeace mit seinem Güte-Zeichen Guides.
Im Kontext des Greenwashings formten sich in den letzten Jahren weitere Begriffe:
- Bluewashing bezeichnet alle Tätigkeiten der Täuschung hinsichtlich sozialer und ethischer Belangen. Die Farbe Blau ist dabei eine Anspielung auf die Fahne der Vereinten Nationen.
- Pinkwashing und Rainbow Washing werden synonym dafür verwendet, wenn die LGBTQ+ Szene in Marketingkampagnen oder anderen Kommunikationskanälen instrumentalisiert wird.
- SDG Washing tritt dann auf, wenn Betriebe ihre Handlungen den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen zuordnen und die Tätigkeiten dahinter tatsächlich nur unverhältnismäßig wenig zur Zielerreichung beitragen.
- Impact Washing passiert immer dann, wenn Produkte, Projekte oder Dienstleistungen als Auslöser für eine positive Veränderung angepriesen werden, während die Fakten dazu ein anderes Bild zeigen. Dieser Begriff wird häufig im Kontext von Finanzdienstleistungen eingesetzt.
- Deep Greenwashing bezeichnet Lobbying gegen Umwelt- oder Sozialgesetze, damit die eigene Geschäftstätigkeit uneingeschränkt fortgesetzt werden kann. Der Begriff wird vor allem verwendet, wenn dasselbe Unternehmen gleichzeitig mit Nachhaltigkeit wirbt.
- Greenhushing beschreibt das Phänomen, dass Unternehmen aus Angst vor Greenwashing nicht mehr über Ihre Nachhaltigkeitsbemühungen berichten.
Wie können Unternehmen Greenwashing vermeiden?
Es gilt die vorgestellten Formen des Greenwashings zu erkennen und zu vermeiden. Gleichzeitig sollte man sich nicht zu sehr von Greenhushing beeinflussen lassen und auf eine transparente und faktenbasierte Kommunikation achten. Ein Blick auf rechtskräftige Verurteilungen zeigt, dass verbotene Claims zumeist aufgrund von zu weniger Hintergrundinformationen als irreführend eingestuft wurden. Demnach ist es jedenfalls ratsam, alle Aussagen eines Unternehmens mit adäquaten Daten zu untermauern. Außerdem sollte das Hauptaugenmerk von Nachhaltigkeitsprojekten auf der Optimierung von Bereichen, die dem Kerngeschäft zuordenbar sind, liegen. Zur Identifikation dieser ist eine Wesentlichkeitsanalyse unter der Einbindung relevanter Stakeholder durchzuführen. So lassen sich Chancen und Risiken im ESG-Bereich aufspüren, potenzielle Whistleblower miteinbeziehen und nicht zuletzt Maßnahmen ableiten. In Kombination mit einem gut orchestrierten Datenmanagement bilden die gewonnen Handlungsstränge die ideale Basis für konfliktfreie Corporate Communication Inhalte.
Dieser Artikel ist Teil unserer Anti-Greenwashing-Initiative. Wollen Sie wissen, welche politischen Rahmenbedingungen in diesem Bereich für Sie gegebenenfalls relevant sind? In Kürze werden wir Sie über bereits bestehende Gesetzgebungen und die Green Claims Directive informieren.
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Artikel von Georg Hahle auf LinkedIn: