Die Deadline für die Umsetzung der CSRD (Corporate Social Responsibility Directive) in das nationale Gesetz – das NaBeG (Nachhaltigkeitsberichterstattungsgesetz) – rückt immer näher. In diesem Beitrag skizzieren wir, welche Auswirkungen dies auf hiesige Unternehmen hat, und gehen darauf ein, welche Chancen sich zur langfristigen Verbesserung des Business Values realisieren lassen. Außerdem zeigen wir auf, warum effektives Datenmanagement für den Prozess unerlässlich ist und wie bedeutend eine Digitalisierungsstrategie dabei ist.
Einführung in das Nachhaltigkeitsberichterstattungsgesetz Österreich (NABEG)
Nicht die CSRD per se, sondern die ESRS (European Sustainability Reporting Standards) müssen bis zum 06.07.2024 von den Mitgliedsstaaten in nationale Gesetzgebung übernommen werden. Selbst wenn diese Frist von der Regierung nicht eingehalten werden sollte, ist das NaBeG nur aufgeschoben, nicht aber aufgehoben. Auch könnten die ESRS bei der Umsetzung ins nationale Gesetz verschärft, jedoch nicht abgeschwächt werden. Daher werden ab dem Geschäftsjahr 2024 Unternehmen zumindest nach den ESRS berichten müssen, wenn sie den folgenden Kriterien der Mindestgröße entsprechen:
Das bedeutet, dass diese Unternehmen nach dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit relevante Nachhaltigkeitsaspekte identifizieren und bewerten müssen, welche für ihre Geschäftstätigkeit und ihre Stakeholder:innen von Bedeutung sind. Die als wesentlich ermittelten Aspekte bestimmen den Umfang des Nachhaltigkeitsberichts, der zukünftig zusammen mit dem finanziellen Jahresbericht den Lagebericht formt. Im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung werden zu den wesentlichen Themen zugehörige KPIs, Ziele, Strategien und Maßnahmen definiert, ermittelt und nachverfolgt. Insgesamt ist der ESG-Bericht somit eine Pflichtaufgabe, aber er fundiert auch die transparente Kommunikation mit externen Anspruchsgruppen und stärkt durch die Verbesserung der Nachhaltigkeitsperformance Resilienz und Zukunftsfähigkeit. Langfristig kann die Geschäftsfähigkeit von Unternehmen zukunftsfähig gestaltet und somit gestärkt werden.
Business Value aus ESRS
Ein Ziel der CSRD ist es, mit den auditierten Berichten eine Basis für eine transparente und klare Kommunikation mit allen Stakeholder:innen zu schaffen. Ausgangspunkt dafür ist die Verpflichtung zur Publikation vergleichbarer Datenpunkte. Damit soll die bisherige Situation von marketinggetriebenen und beschönigenden Nachhaltigkeitsberichten, in denen die Kennzahlen meist frei gewählt und dargestellt wurden, verbessert werden. Verschiedene Interessensgruppen, aber auch Unternehmen selbst, können ihre Kennzahlen dadurch zukünftig erstmals vernünftig mit anderen Wettbewerbsteilnehmenden vergleichen. In der Zukunft wird eine gute Nachhaltigkeitsperformance besser und authentisch auf Kund:innen wirken, neue motivierte Arbeitskräfte anziehen, bei Finanzierungsaspekten bessere Konditionen veranlassen und bei Projektausschreibungen bessere Chancen zur Beauftragung mit sich bringen.
Soziale und ökologische Nachhaltigkeit sind bereits heute häufig Bestandteil der Marketinginhalte von Unternehmen. Dahinter steht jedoch in vielen Fällen lediglich die Motivation, modernen Konsumbedürfnissen zu entsprechen. Werden solche Inhalte missbraucht, um das Unternehmen in einem grüneren Licht erscheinen zu lassen, spricht man von Greenwashing. Wie in unserem Artikel zu Formen des Greenwashing beschrieben, bieten die Daten aus der Berichterstattung nach ESRS – und nach Veröffentlichung nach NaBeG – eine ideale Grundlage, um nachhaltigkeitsbezogene Werbeinhalte authentisch und transparent zu kommunizieren.
Um das volle Potenzial der durch die ESRS erhobenen Daten auszuschöpfen, sollten diese über den Bericht hinaus genutzt werden. Denn zusätzlich bietet die Regulierung der Berichterstattung Chancen hinsichtlich der zukunftsorientierten Strategie- und Prozessoptimierung. Einerseits werden Unternehmen dazu verpflichtet Problemen und Risiken, die der Klimawandel für die Geschäftstätigkeit mit sich bringt, jedes Jahr neu einzuschätzen. Wenn die Wesentlichkeitsanalyse somit sorgfältig durchgeführt und die richtigen Verantwortlichen miteinbezogen werden, erhöht sie somit Resilienz dahingehend, dass die Unternehmensstrategie Bedrohungen des Klimawandels berücksichtigt. Darüber hinaus bedingt die ESRS bzw. das NaBeG das Monitoring diverser neuer Kennzahlen. Somit steigt auch das Ausmaß der Daten für Prozessanalysen, was in weiterer Folge zu Effektivitätsverbesserungen führt. Beispielsweise kann die verpflichtende Angabe des Stromverbrauchs dazu führen, dass Unternehmen einen Anreiz verspüren, diesen in den einzelnen Arbeitsschritten ihrer Produkte genau zu tracken und die größten Emittenten zu identifizieren. Setzt man dann mit Verbesserungsmaßnahmen an diesen Stellen an, gehen sie nicht zuletzt häufig mit Kosteneinsparungen einher.
ESRS-bedingte Herausforderungen im Datenmanagement und Nachhaltigkeitsberichtsprozess
Um Verbesserungen für die Business Value abzuschöpfen, ist ein gut orchestriertes Datenmanagement unerlässlich: Sollte ein Unternehmen alle Nachhaltigkeitsaspekte der ESRS als wesentlich ermitteln, müsste es ungefähr 1200 Datenpunkte erfassen und berichten. Zwar ist davon auszugehen, dass für kaum ein Unternehmen alle Aspekte wesentlich sein werden, allerdings sollte die Mehrheit der berichtspflichtigen Unternehmen mit einem nicht unerheblichen Anteil an wesentlichen Aspekten rechnen. Denn per Definition weisen diese Unternehmen eine gewisse Größe und damit einhergehende Komplexität auf. Zusätzlich sind die Nachhaltigkeitsaspekte Themen, deren Einfluss auf Unternehmen sukzessiv wächst.
Der Global Risk Report 2024 des World Economic Forum sieht Extremwetter-Szenarien, den Verlust der biologischen Vielfalt und den Zusammenbruch der Ökosysteme sowie kritische Veränderungen der Erdsysteme als die drei größten langfristigen Risiken (Betrachtungszeitraum von 10 Jahren) für unsere Gesellschaft. Dieser Einschätzung zu Folge bedroht uns der Klimawandel zukünftig deutlich stärker als ökonomische, geopolitische, soziale und technologische Gefährdungen. Somit braucht es eine ausführliche Begründung in der Wesentlichkeitsanalyse, wenn das Sub-Thema Klimawandel und die darin enthaltene Klimabilanz als unwesentlich deklariert wurde. Österreichische Unternehmen sollten sich also darauf einstellen, dass sie zukünftig mit einer Vielzahl an Datenpunkten konfrontiert werden, die sie bisher noch gar nicht oder nur für andere Zwecke erheben. Diese Aussage gilt neben den Aspekten der Environmental-KPIs, auch für jene der Bereiche Social sowie Governance. Auch wenn damit unausweichlich Aufwand verbunden ist, sollte man bei der Erhebung der Daten die Chancen für das Geschäft nicht aus den Augen verlieren.
Eine weitere Herausforderung beim Erfüllen der Berichtspflicht ist, dass die Datenpunkte quantitativer und qualitativer Natur sind. Das genaue Verhältnis ist durch das Ergebnis der Wesentlichkeitsanalyse bedingt. Eine Aufteilung von ungefähr einem Drittel zu zwei Drittel ist jedoch eine gute Annäherung. Beide Formen bringen eigene Herausforderungen: kontinuierliches Datenmanagement auf der quantitativen Seite und das Erarbeiten von spezifischem Wissen und die Umsetzung in Prozesse auf der qualitativen Seite. Auch das Zusammenführen beider Kategorien in einen homogenen Nachhaltigkeitsprozess, der aus der jährlichen Nachverfolgung und Bewertung der im initialen Nachhaltigkeitsbericht gesetzten Ziele entsteht, stellt die Unternehmen vor schwierige Aufgaben. Für die jährliche Nachverfolgung in der Form des Nachhaltigkeitsberichtes muss somit eine hohe Anzahl Datenpunkte gesammelt, bereinigt, validiert, plausibilisiert, konsolidiert und ausgewertet werden. Dabei muss dieser Vorgang auch noch ausreichend dokumentiert werden, um eine Auditierung des Lageberichts zu erreichen. Dies wird insbesondere dann zu einer etwas komplexeren Problemstellung, wenn man bedenkt, dass die berichtspflichtigen Unternehmen neben komplexen Wertschöpfungsketten auch heterogene Systemlandschaften, die zum Teil nicht alle nötigen Datenquellen inkludieren, berücksichtigen müssen.
Digitalisierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung als Enabler
Die Digitalisierung des Berichterstattungsprozesses ermöglicht es den Fokus von Datenmanagement und Dokumentation für die Auditierung des Lageberichts durch die Wirtschaftsprüfer:innen auf das Nutzen und Implementieren der gewonnenen Informationen zu legen. Denn durch Implementierung einer sorgfältig gewählten Software wird ein Großteil des Datenmanagements und der Dokumentation der jährlichen Iterationen der Wesentlichkeitsanalyse und des Nachhaltigkeitsberichts automatisiert. Das ermöglicht eine Beschleunigung des Prozesses und bietet berichtspflichtigen Unternehmen die Chance auch noch im ersten betroffenen Geschäftsjahr die Fristen zu erfüllen.
Momentan wird in Unternehmen der Berichterstattungsprozess, in den meisten Fällen mit der Wesentlichkeitsanalyse, jedoch ohne Toolunterstützung begonnen. Dies liegt nicht primär an den üblichen Hindernissen der Digitalisierung, da die Kosten-Nutzen-Analyse in diesem Anwendungsbereich für Software eindeutig ist. Es ist schlichtweg dadurch bedingt, dass der Löwenanteil der ESG-Softwarelösungen, gerade erst den Kinderschuhen entwachsen ist. Dies ist aufgrund der aktuell geringen Marktreife und der noch ausstehenden juristischen Nachschärfung der Interpretation des gesetzlichen Rahmenwerkes wenig überraschend, aber sorgt somit für eine Eintrittshürde zur digitalisierten Nachhaltigkeitsberichterstattung.
Aber mittlerweile sind die meisten Module der Softwareanbietenden als SaaS einsatzbereit. Dazu zählen auch jene für die Wesentlichkeitsanalyse. Somit ermöglicht der Einsatz der Software, trotz der Verzögerung durch den Softwareauswahlprozess, die nötige Zeitersparnis für eine termingerechte Umsetzung des NaBeG. Zusätzlich lassen sich durch die automatisierte und eigenständige Bearbeitung der Nachhaltigkeitsberichterstattung langfristig Kosten einsparen, die sonst durch externe Unterstützung entstehen. Gepaart mit dem zuvor beschrieben Potenzial für Business Values, ist ein digitalisierter Nachhaltigkeitsberichterstattungsprozess insgesamt eine günstige, schnelle und gewinnbringende Chance.
Unserer Erfahrung nach sind die grundsätzlichen Überlegungen zur Strategie sowie die Einbeziehung der Digitalisierungsmaßnahmen von Beginn an mehr als in anderen aktuellen Themen ausschlaggebend für das Gelingen des Nachhaltigkeitsmanagements – also der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der sich daraus ergebenden Möglichkeiten.